9. August 2016

LARP und ich

Von Micha

larp_10_16Am 15. Oktober 2016 öffnet wieder die LARP-Taverne „Zum besseren Betrüger“, organisiert von engagierten LARPern vom Rollenspiel-Verein „Die Traumjäger“ aus Lüdenscheid, wo ich bescheidenermaßen auch Mitglied bin. Im Vorfeld werde ich oft gefragt „Hey, warum bist DU denn nicht dabei?“ … hier der Versuch einer Erklärung…

 

Als ich vor etlichen Jahren zum ersten Mal mit LARP konfrontiert wurde, hatte das ganze Event schon einen negativen Beigeschmack. Die Orga wollte bestimmen, wen oder was ich spiele, eine Anwandlung, die ich als Tischrollenspieler- und leiter bisher nicht so drastisch kannte. Im Prinzip sollte ich mich selber spielen, denn die Orga war der Meinung, man dürfte nur das verkörpern, was man visuell und funktionell darstellen kann. Hallo, ich bin 1,70 groß und habe einen dicken Bauch und einen Bart, dazu arbeite ich im Büro. Ich sollte also einen zwergischen Schreiber spielen.  Haha. Kämpfen? Kannst Du nicht, spielst Du nicht. Ein Mensch oder gar einen Elfen? Nicht groß genug, nicht schlank genug. Magier? Nein, Magier durften nur die dicken Freunde der Orga spielen, weil „Magier ist ein Vertrauensposten“. Ende vom Lied – Kaffee auf, dankeschön, (nie)wiedersehen. Wenn mir in den Folgejahren jemand mit LARP kam, habe ich dankend abgewunken.

 

Irgendwann kam Weight Watchers und verhalf mir zu knapp 35 Kilo weniger. Nun passte ich auch in eine LARP-Gewandung meines Geschmacks und ich ließ mich von einem alten Rollenspiel-Freund zur  Teilnahme an einem DSA-LARP überreden. Schickes Ambiente (eine Burg), nette Leute, gute Orga, spannende Geschichte. Hat auf der einen Seite ziemlichen Spaß gemacht. Auf der anderen Seite aber, ja da waren die „Intime-Gespräche“ dieses DSA-Events – wenn man keinen Doktortitel in Aventurischer Geschichte hatte und die letzten 20 Aventurischen Boten nicht auswendig hersagen konnte, dann war man in den Gesprächen der Looser. Aber so richtig. Und sobald die Gesprächspartner das merkten, war man nicht mehr interessant. Kopfschüttelnd musste ich feststellen, dass sich viele der Anwesenden völlig in ihre Rolle hineingesteigert hatten. Nein, dann lieber Tischrollenspiel, wo man auch mal auf die Uhr schauen oder Sätze wie „Reich mir mal die Chipstüte“ sagen darf, ohne dafür gelyncht zu werden.

 

Seitdem interessiert mich LARP so sehr wie Skifahren, Schach oder Briefmarkensammeln – nämlich gar nicht. Die 35 Kilo sind übrigens auch wieder da. Und ja, ich weiß, dass immer mehr Leute dieses Hobby toll finden und die Veranstaltungen immer mehr und immer größer werden,  und wie oben geschrieben hat auch unser Rollenspielverein eine LARP-Sektion und organisiert gut besuchte Events. Warum ich aber immer noch eine (nicht mehr passende) Gewandung im Keller und zwei Polster-Schwerter im Arbeitszimmer habe … keine Ahnung. Nostalgie?

 

Viele meiner Freunde und Bekannten (bei Fratzenbuch und außerhalb) frönen dem Hobby LARP und ich habe ziemlichen Respekt vor deren Kreativität und Engagement. Und was mich am meisten freut: es versucht niemand mehr, mich zu „bekehren“. Nicht wie seinerzeit, als mir ein engagierter LARPer zu erklären versuchte, dass Tischrollenspieler kein  „richtiges Rollenspiel“ praktizieren, keine Ahnung vom „richtigen Rollenspiel“ haben und überhaupt geistig minderbemittelt sind, weil sie nicht wissen, was ihnen entgeht und es am besten ganz bleiben lassen, weil sie eh keine Ahnung haben. Heute genügt im Freundes-, Bekannten- und Vereinskreis ein „Nicht mein Ding“ und gut ist. Gut so, danke dafür.