17. September 2022

Monsterhearts – mein Senf dazu

Von Micha

Ich gebe es ja zu. Als ich zuerst von Monsterhearts hörte, habe ich vehement dagegen gewettert. Ein Rollenspiel mit „Sex-Spielzügen“ ? Sowas kann sich doch nur jemand ausdenken, der irgendwelche Defizite hat. Sex gehört nicht ins Rollenspiel. Basta. Und ja, unsere DSA-Helden sind schon vor 20 Jahren ins Freudenhaus oder in den Rahja-Tempel gegangen, aber das ist doch „Drumherum“ und kein wesentlicher Teil der Spielmechanik. Fremdschämend habe ich auf DSA „Wege der Vereinigung“ geblickt, in der Gemächt-Länge ein Attribut und bestimmte Sexual-Praktiken Sonderfertigkeiten sind und es einen Tracker für „wie lange man kann“ gibt … ich war immer Fan von PbtA-Systemen, den einzelnen Sex-Spielzug im Original-PbtA kann man ja vernachlässigen, aber jetzt und hier wurde Sex zwischen SC und NSC oder gar zwischen SC und SC ein wesentliches Element. Avery Alder, die Autorin von Monsterhearts, ist selbst queer und so ist es kein Wunder, dass auch Queerness, Diversität und die Suche nach der eigenen sexuellen Identität eine Rolle spielen. Und wenn ich da so drüber sinnere, kommt wieder die Frage: will ich das spielen? Will ich nicht lieber Drachen töten, Zombies schnetzeln oder Schätze looten?

 

Ich habe das Glück, mit einer SL im Verein gesegnet zu sein, die ein Händchen für sensible Themen hat. Und da ich die Chance hatte, im Vereins-Sommerhalbjahr mit ihr als SL Monsterhearts zu spielen, habe ich die Gelegenheit ergriffen. Und was soll ich sagen? Alles gar nicht so schlimm. Man kann den Sex auch nur andeuten, wie überhaupt X-Karte und eine Liste mit Linien und Schleiern sicherlich besonders hilfreich sind. Es ist halt kein „Buffy“-Rollenspiel mit starken Held:innen, die Monster-Teenies, die meist so selber gar nicht wissen, was mit ihnen los ist, Pubertät halt, sind zumeist arme Socken, die von Klassenkamerad:innen, Lehrkräften, Eltern und Geschwistern nicht immer ernst genommen oder gar als freaky verspottet werden. Wut erzeugt aber hin und  wieder mal einen … nennen wir es mal  … Monsterschub. Da sprießen statt Akne-Pickel durchaus schon mal Fangzähne. In 14 Tagen spielen wir das große Finale. Da freue ich mich extrem drauf.

 

Fazit: Man muss nicht Sex-Spielzüge, Queerness und Diversität mit dem Holzhammer und der Brechstange ins Spiel prügeln. Man kann diese Themen auch mit leisen Tönen und feinen Andeutungen ins Spiel bringen. Wieder zeigt sich, dass ein System das ist, was SL und Mitspielende daraus machen. Mir hat dieses Halbjahr sehr gut gefallen und ich könnte mir vorstellen, auch mal selber Monsterhearts zu spielleiten.