City of Mist erscheint erneut auf Deutsch (Teil 1)
Mythen und Legenden spielen im Leben der Menschen durchaus eine Rolle. Was wäre, wenn sich eben diese mythischen Sagengestalten, Götter, Naturkräfte oder literarische Figuren in normalen Menschen manifestieren, sie lenken, oder die Menschen, in denen sie „hausen“, versuchen, sich die Kräfte des Wesens in ihnen zu Nutze zu machen? Die Idee hinter „City of Mist“ ist genau das: Mythen nehmen Besitz von Menschen und manchmal tun sie Gutes und manchmal Schlechtes, sie haben ihre eigenen Ziele und Wünsche, die manchmal denen des Menschen auf tragische Weise zuwiderlaufen.
Ich weiß nicht genau, wie ich auf City of Mist aufmerksam geworden bin. Das erste Crowdfunding muss 2016 gelaufen sein, zumindest sind meine ältesten PDF-Playbooks von 2016 und das PDF des Core Rule Books von 2017. Mich hat das Setting und das System völlig geflasht. Damals wusste ich auch noch nichts von PbtA oder von Spielzügen oder von dem Umstand, dass genau das „mein Ding“ werden könnte. „City of Mist“ hat mich abgeholt und weil ich es keinem deutschen Verlag zugetraut habe, das Ding auf Deutsch zu stemmen, habe ich angefangen, die Regeln für mich für den Hausgebrauch zu übersetzen. Zum Spielen ist es aber nie gekommen. Umso mehr hat es mich gefreut, als die Ankündigung kam, dass Mario Truant die Rechte erworben hat und „City of Mist“ auf Deutsch bringen wird. Daraufhin habe ich mein Übersetzungsprojekt sein gelassen und mich auf die Truant-Version konzentriert, ich hatte Kontakt zum Übersetzer, durfte die Final-Version des Spielerhandbuchs Korrekturlesen und hatte das Glück, dass meine Vereins-Spielleiterin dann beim Spielleiterhandbuch auch die Finger im Spiel hatte. Denn durch sie – vielen Dank an dieser Stelle, liebe Steffi – konnte ich mich im Rahmen der Vereinsspielrunden ein ganzes Jahr in der Stadt des Nebels herumtreiben.
Es gibt mittlerweile so viel Stuff für CoM (City of Mist) – auf Englisch: Starter Kit mit sehr coolen fertigen Charakteren, District-Beschreibungen mit Plothooks und Antagonisten und Ergänzungsbände, die die Regeln vertiefen und erweitern. Und dann … stellt der Truant Verlag CoM ein. „Argl“ hab ich da gesagt, nun muss ich doch wieder selber übersetzen und habe angefangen, mich mit dem Starter-Kit zu beschäftigen.
Aber – nun scheint ein Lichtstrahl durch den Nebel, denn CoM bekommt eine zweite Chance. In dem Moment, in dem ich diesen Artikel schreibe, läuft das Crowdfunding vom neunen Verlag „Storypunks“ zu Neuauflage. Realisiert werden das Spieler:innenhandbuch und die Kampagne „Nachts in Payne Town“, die es somit erstmals auf Deutsch gibt. Meine persönliche Meinung: Super Idee! Denn das Spielleiterhandbuch braucht man nicht unbedingt, um die Kampagne zu leiten. Und ja, da gehen die Meinungen wild durcheinander, aber da hat jeder SL auch seine eigene Sichtweise. Ich stehe auf jeden Fall hinter den Entscheidung und unterstütze das Crowdfunding, das aktuell noch 14 Tage läuft (Link direkt dahin: https://www.kickstarter.com/projects/com-de1/city-of-mist-das-rollenspiel/description).
Wie ich schon schrieb: ich hatte das Glück, ein ganzes Jahr in der Stadt des Nebels zu verbringen und die Fälle „Killing her softly“ und „Demons in Cross End“ als Mitspielender erleben zu dürfen. In „Killing her softy“ hatte wir eine Gruppe Hobbymusiker, die sich in einem alten Lagerhaus zum Üben traf. Mein Charakter Max Carlson hatte den Mythos von „H.G.Wells‘ Time Machine“ in sich, er war ein abgehalfterter Rennfahrer und arbeite nun bei einem Kurierdienst, kümmerte sich um die Witwe seines Bruders und spielte in der Band das Schlagzeug. Er konnte die Zeit in verschiedenster Weise manipulieren und sich Visionen aus der Zukunft und Echos aus der Vergangenheit holen. Sein Relikt, in dem sich die Zeitmaschine manifestierte, war sein viktorianisches Metronom. Mit in der Gruppe waren die Sängerin mit dem Mythos der Lorelei, der Blechmusiker mit dem Mythos von Baron Samedi und der Gitarrist hatte irgendeine südamerikanische Wasser- oder Fruchtbarkeits-Gottheit in sich, da sind meine Notizen leider sehr lückenhaft. In „Demons in Cross End“ wohnte in meinem Charakter der launische Berggeist Rübezahl, dessen menschlicher Träger als Angestellter in einem Blumenladen arbeitete und unsterblich in eine Kundin verliebt war. Zusammen mit den Mythen vom Werwolf, König Salomo und Midas haben wir die Stadt von Üblem gerettet. Gut, den Blumenladen konnte man dann nicht mehr gebrauchen und ich habe zum Schluss dann den Verlobten meiner Angebeteten umgebracht, aber hey, der war ein Arsch und ich verliebt. Manchmal ist der Mythos halt stärker als der Träger …
Auf jeden Fall ist es wichtig, dass dieses System auf Deutsch erhalten bleibt. Darum schreibe ich diesen Text. In der Beschreibung der Kampagne bei Kickstarter findet ihr auch viele Links zu Podcasts, Let’s Play’s und weiteren Artikeln und Texten, die euch das System und das Setting vorstellen. Lohnt sich. Ich bin jedenfalls dabei, und auch wenn ich bereits das Truantsche Spielerhandbuch habe, lege ich mir das neue Spieler:innenhandbuch zu, denn ich möchte, dass sich CoM in Deutschland weiterverbreitet. Style und Stimmung der Bücher sind super und wenn man da durchblättert, hat man plötzlich ganz viele Ideen für Charaktere im Kopf.
Und Achtung liebe neue Übersetzer! „Queen of Sheba“ hat nichts mit Katzenfutter zu tun, sondern ist die englische Version von „Königin von Saba“.
Lohnt sich! Also: Mitmachen!